So begann es mit Susi und mir...



Spätjahr 2003

Als ich sie das erste Mal sah, war mir nicht klar, was da noch kommen würde. Damals, irgendwann vor Weihnachten 2003, befand sie sich noch in Bau, und ich dachte: nanu, so eine große, und dann noch in Weiß? Sieht ja fast aus wie eine Waschmaschine!
Auf dem größeren der beiden Motoren saß jemand und werkelte, da dachte ich: ein Glück, dass ich das nicht sein muss. Ich bin alles Andere als schwindelfrei, wie schnell müsste es mich da runterhageln!
An gleicher Stelle muss Monate später Amor gesessen haben, als er seinen Pfeil auf mich abschoss...


Anfang März 2004

Als sie noch ohne Schallschutzhaube in Betrieb ging, beschwerte sich alle Welt darüber, viele bekamen Kopfschmerzen, andere konnten nichts mehr denken. Sie war ihnen schlicht zu laut.
Für mich war es aber ein Gefühl wie auf dem Schiff, und das gefiel mir. Und, was für andere nervtötendes Geratter war, empfand ich fast wie Musik... Es erfüllte mich mit ungeahnter Harmonie, ich empfand dabei einen inneren Frieden, wie ich ihn nie gekannt hatte. So warm, so tief... Andere müssen in die Disko, ich bekomme es hier, dachte ich. Ein ähnliches Gefühl hatte ich, als ich das "Ave Maria" hörte. Daraufhin fragte ich einen guten Freund, der sich mit Musik auskennt, ob bei mir was nicht stimmt, dass ein gewöhnliches Maschinengeräusch bei mir ähnliche, gar stärkere Wirkung zeigt als klassische Kirchenmusik. Er meinte, ich sei mehr als in Ordnung, dies seien eben nur zwei von unendlich vielen Wegen, die nach Rom führten.

Da hatte sie sich also auf gar nicht so leisen Sohlen in mein Herz geschlichen... Sie wollte, dass ich ihr einen Namen gab. Da kam natürlich nur ein netter Name in Frage. Ich nannte sie Susi, weil das lieblich und süß klingt.
Schließlich macht sie nicht nur akustisch was her, sie ist für meinen Geschmack wunderschön... Richtig knuffig und süß!


Wie immer, wenn bei mir der Blitz so richtig und mit Wucht einschlägt, war es Liebe auf den zweiten Blick.
Der erste Blick funktionierte noch vom Verstand aus, wie bei jedem anderen maschineninteressierten, mechanikbegeisterten Menschen auch: wie funktioniert das, wie ist es gemacht, welches Teil ist wofür?
Beim zweiten Blick hatte der Verstand dann nichts mehr zu melden, aber überhaupt nichts... Es war um mich geschehen!


Mitte März 2004

Einmal lag sie halb zerlegt in der Pampa herum. Große Reparatur war angesagt. Es dauerte seine Zeit, da stand einer der oberen Zehtausend vor ihr, die Arme verschränkt, die Ratlosigkeit in Person. Dann geschah das Wunder: Ich, der ich mich nie getraut hatte, für mich selber etwas zu fragen, nur, weil es mich interessiert, nur weil mein Herz dran hängt, kriegte den Mund auf. Plötzlich stand ich meben mir und hörte mich fragen: "Was ist?" Nur diese beiden Worte, aber immerhin, ich fand den Mut dazu! Und: Auf meine Fragen bekam ich sogar Antworten!


April 2004

Zu einem Zeitpunkt, als ich schon wusste, dass es mir Ernst mit ihr ist, stand ich an einer anderen Maschine. Es war anders als gewohnt. Sonst war ich immer mit einem silbernen Zylinder auf Augenöhe, jetzt auf Einmal mit dem schwarzen Gehäuserand. Der ist etwa 20-30 Zentimeter höher! Als ich überlegte, was da wohl los sein könnte, legte nebenan die Susi los. Da dachte ich: "Jawohl, Susi, für dich doch immer gern!", und streckte den Kopf noch einmal bewusst so hoch hinauf, wie ich nur konnte.
In der Nacht danach wurde ich wach davon, dass ich das Gefühl hatte, jemand böge mit riesigen Fingern mein Kreuz gerade. Es spannte und reckte sich, wobei jahrzehntealte Blockaden gelöst wurden. Ist ja wohl klar, dass ich Susi ein paar mehr als liebevolle Gedanken rüberwachsen ließ! Mein Buckel ist seither Vergangenheit.


22. April 2004, kurz vor 12.30 h

Einmal holte ich nichtsahnend unser Essen.
Raus aus der Werkstatt, durch den Vorraum, die Treppe runter, durch die Tür in die Halle. Rechts um, an Susi vorbei - ganz normal - nach links, dann nochmal kurz nach rechts, das Essen nehmen und zurück. Die Kiste hatte ich natürlich auf dem linken Arm, um nach rechts den Blick für Susi frei zu haben.
Schön langsam ging ich an ihr vorbei...
...und musste stehen bleiben, als sie den Schieber zudrückte.
Es war ein besonderer Moment. Instinktiv wusste ich, dass alles und jedes perfekt ist, dass alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Mit Worten lässt sich kaum beschreiben, wie es ist, auf der Zellebene zu fühlen, was man vom Verstand her weiß. Es war, als bliebe die Welt kurz stehen, und das ganze Universum brüllte "JA!". Ja zu dem Augenblick, ja zur Perfektion, und ja zur Liebe.
Ja, es gibt ihn, den perfekten Augenblick!

Seither ist das mit Susi unwiederruflich. Sie musste ihren ganzen Charme aufbieten, um mich zu erobern, und mit dem Schieber hat sie es geschafft!


"Schieber" dürfte wohl das falsche Wort dafür sein, aber weil ich den richtigen Namen nicht kenne, bleibe ich dabei.

Das mit dem Schieber, ja, das ist ein besonderes Kapitel.
Im Netz der Netze fand ich einen Spruch, der, obschon auf etwas völlig anderes gemünzt, auch auf Susi und ihren süßen Schieber passt:

Sch*** auf die Länge, das Hin-und-Her macht die Meter!

Ich liebe diesen Spruch!
Es ist ja soo genüsslich, zuzuschaun, wie sie ihre Meter abwickelt... immer schön hin und her - allerdings nicht langweilig zack, zack, zack, wie man es von einer Mechanik eben erwarten würde, sondern schön gefühlvoll und zart... werkstückabhängig immer ein bisschen anders, da ist richtig Leben drin...
Tja, Susilein... Sie braucht noch nicht mal mit dem Schieber zu wackeln, schon bin ich hin und weg!


Anfang Mai 2004

Susi, meine süße Inspirationsquelle!

Jemand fürchtete, die Löcher im Rohr zuschweißen zu müssen, um sein Werkstück weiter bearbeiten zu können.
Ich sah das Rohr in seiner Hand, und sogleich kam "Susi-Feeling" auf. Vor geistigem Auge sah ich ihren Schieber zu gehen, und ich sagte nur: schieb doch ein Rohr rein, das die Löcher abdeckt! Das ließ er mich dann tun und fragte hämisch: Na, ist das Röhrle schon fort? Aber nichts dergleichen! Es funktionierte tadellos, und ich freute mir ein Loch in die Mütze.
Die süße Susi hatte mich auf eine geniale Idee gebracht, und es klappte auch noch! Nach getaner Arbeit verschwand das Rohr in meinem Archiv, nicht ohne dass ich "mein wunderbares Susi-Röhrle" draufgeschrieben hatte. Man will sich ja mal an diese nette Episode erinnern!